Der Artikel entstand im Jahr 2003. Die Bilder, die auch durch Anklicken größer dargestellt werden, zeigen den Artikel wie er in der Schülerzeitung QuerDenker des ehemaligen Max-Born-Gymnasiums Berlin in der Herbstausgabe erschien. Der Text stammt von mir, Bildmaterial wurde von der Paul van Dyk GmbH bereitgestellt und das Layout hat Maja Krocke kreiert.
Ich hatte das Glück Paul in den Sommerferien zu treffen und ihm ein paar Fragen zu stellen. Im Laufe des Gesprächs wurde
schnell klar, dass sich Paul van Dyk nicht nur mit Musik, sondern ebenfalls genauso intensiv mit Politik beschäftigt.
Diese zwei Bereiche, Musik und Politik, waren auch die Themen des Gespräches.
Pauls Musik wird von den Menschne unterschiedlich empfunden. Manche stimmt sie nachdenklich, andere sehen Hoffnung in ihr oder
sie macht einfach nur glücklich. Für Paul ist es sehr wichtig, dass Musik ehrlich und intensiv ist. Nach näherem Nachfragen,
was denn ehrliche und intensive Musik sei, meinte er, dass sie einen berühren müsse. Paul betonte, dass seine Musik aus den
Clubs kommt und er nicht für die Charts produziere wie sein Kollege ATB. jeder Track, der von ihm produziert wird, hat seine
eigene Geschichte. Mit der Zeit hat sich auch seine Musik verändert.
"Meine Musik ist reifer und tiefer geworden. Sie hat sich mit meiner Persönlichkeit weiterentwickelt."
Paul ist momentan einer der gefragtesten DJs und legt rund um den Globus auf. Ein guter DJ zeichnet sich dadurch aus, dass er
mit dem Publikum im Club während des Auflegens kommuniziert. Was man genau darunter versteht, hat Paul versucht im Ansatz zu
erläutern:
Jeder Raum besitzt eine Atmosphäre. Zum Beispiel, wenn sich deine Eltern gestritten haben und du kommst in den Raum, spürt man,
dass es irgendwie komisch dort ist und genau so funktioniert das in einem Club. Das Set eines DJs (Zusammenstellung von Songs)
setzt sich wie eine Collage zusammen. Man sich hiervon etwas und davon etwas und zusammen ergibt das ein Gesamtbild, welches
eine Atmosphäre ausstrahlt.
Im Oktober 2001 hat Paul van Dyk sein eigenes Plattenlabel VANDIT gegründet. Die Motivation des Labels besteht darin, Musik
aus anderen Ländern und Kontinenten nach Deutschland zu bringen. Außerdem begleitet VANDIT die Künstler solange sie wollen.
Secound Sun und NU NRG (New Energy), die schon auf den VANDIT-(Label-)Nights live zu hören waren, erfreuen sich steigender
Beliebtheit.
Einen Eindruck von elektronischer Tanzmusik bekommt man jeden Mittwochabend von 20-22 Uhr im "advance electronic music"
Soundgarden auf Fritz (Frq. 102,6), den Paul van Dyk moderiert. In einem 2-Stunden-Mix werden dort die neuesten Platten und
Klassiker aus aller Herren Länder vorgestellt. Der Zeitaufwand für diese wöchentliche Sendung ist für Paul enorm. Rund fünf
Stunden Vorbereitungszeit benötigt er für eine Sendung. Selbst dann funktioniert nicht immer alles so, wie es soll und es
kommt teilweise zu amüsanten Pannen.
Dennoch möchte sich Paul nicht einfach in eine musikalische Ecke drängen lassen. Privat hört er auch andere Musikrichtungen.
"Ich höre nicht nur elektronische Tanzmusik, von Alanis Morissette über Rammstein ist so ziemlich alles dabei."
Um seinem Publikum andere Musik, die er persönlich mag, näher zu bringen, hat sich Paul ins Studio gesetzt und "The Couch"
von Alanis Morissette so gestaltet, dass es ohne Weiteres in eines seiner Sets passt.
Politik ist sowas wie ein Hobby von mir!
Paul selber sieht sich als einen kosmopolitischen (weltbürgerlichen) Mensch. Dadurch dass er viel unterwegs ist und viel
fliegen muss, drängt sich die Frage auf, was sich denn für ihn nach dem 11. September verändert hat.
Im Prinzip hat sich für mich gar nichts verändert.
Da das Geschehen um den 11. September sehr weit reichend ist (Afghanistan-Krieg, Irak-Krieg, Kelly-Affäre usw.) und es viel
zu lange dauern würde, um dieses eine Thema des Gespräches hier zu dokumentieren, gibt es dafür einen Buchtipp von Paul:
Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11. Septembers von Mathias Bröckers (Verlag: Zweitausendeins).
Das Buch soll wohl sehr interessant sein und zur Meinungsbildung ist es sicherlich nützlich. Jedoch, so meint Paul, sollte
man dieses Buch kritisch lesen.
Dass elektronische Tanzmusik und Politik etwas miteinander zu tun haben, hört sich für viele wie Senf und Marmelade oder
Yin und Yang an. Jedes Jahr im Juni wird traditionell die Frage gestellt: Findet sie dieses Jahr statt oder nicht? Die Love-
parade, anfangs gelobt, heute kritisiert ist eines der umstrittensten Themen in den Medien und der Gesellschaft. Den meisten
ist sicher das Leitmotiv der Parade (Love, Peace & Unity) geläufig, jedoch den wenigstens, dass dies im politischen Sinne
wirklich ernst gemeint ist. So wird die friedliche Demonstration weiterhin auf ein Müllproblem reduziert, während man durch
die variierenden Besucherzahlen verwirrt wird. Paul hat für dieses Phänomen eine Erklärung.
"Die verschiedenen Angaben der Besucherzahlen kommen zustande, weil die Zeitungen bereits um 16 Uhr Redaktionsschluss
haben."
Und da viele erst in den frühen Abendstunden kommen, ist die Differenz zwischen den Angaben der von zeitung und Veranstalter
nicht weiter verwunderlich. Dennoch war Paul mit den diesjährigen Artikeln zur Loveparade zufrieden und er hatte nicht das
Gefühl, dass die Journalisten einen Bericht vom Vorjahr aus der Schublade gezogen haben.
"In manchen Sachen habe ich eine radikale Ansicht!"
Das betrifft zum Beispiel die sozialen Subventionen (Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe, etc.) in Deutschland. Nach pauls Meinung
werden diese in Deutschland falsch verteilt. Sie sollten völlig gestrichen werden und nur denen zukommen, die sie wirklich
benötigen. Dass dies zu einer Konfrontation mit sozialen Politikern führt, konnte man im letzten Jahr im "Szene Wechsel" der
ARD kurz vor der Bundestagswahl 2002 sehen. Das Treffen zwischen Paul van Dyk und Gregor Gysi war aufgrund der Vergangenheit
beider Personen und ihren heutigen Ansichten brisant. Letztendlich dürfte der Zuschauer nur ein zehnminütiges Wortgefecht, in
dem der eine dem anderen ins Wort fiel, betrachten. Ich konnte jedoch in Erfahrung bringen, dass das Gespräch ca. 2 Stunden
dauerte und die ARD nur die Angriffe auf die jeweilige Ansicht der anderen Person zusammenschnitt und ausstrahlte.
Zum Thema Schulsystem und Bildung in Deutschland hat Paul auch etwas zu berichten. Als besonders schwierig stellte sich die
Besetzung einer freien Stelle in seinem Management heraus. Es fand sich lange kein geeigneter Bewerber, der alle gestellten
Kriterien erfüllte. Dabei, so betonte Paul, kam es nicht darauf an, dass sich der zukünftige Mitarbeiter mit allem auskennt.
Wichtig war vor allem, dass der Bewerber fließend Englisch spricht, mitdenkt und engagiert ist. Letztendlich hat man sich
für einen Holländer entschieden.
Wiebke